D&O Versicherung in wenigen Sätzen
"D&O brauchen nur VW-Manager." Wirklich?
Viele meinen, dass die D&O Versicherung nur wichtig ist für Manager großer Konzerne. Natürlich wird ein solcher Vertrag dort gebraucht, wie die aktuellen Entwicklungen bei VW, Audi und Mercedes zeigen. Aber auch mittelständische Unternehmen haben dringend Bedarf für diesen Schutz. Warum erklären wir hier…
Bei der D&O Versicherung handelt es sich um eine Vermögensschadenhaftpflicht für Organe (z. Bsp. Geschäftsführer, Vorstände, Beiräte) juristischer Personen und leitende Angestellte.
Der Ursprung dieser Versicherer liegt in den USA. Mitte der achtziger Jahre kam diese auch nach Deutschland für Großunternehmen. Seit einigen Jahren wird diese mehr und mehr von Startups und mittelständischen Unternehmen nachgefragt, weil zunehmend Kapitalgeber/Gläubiger und INsolvenzverwalter eine wichtige Rolle bei Schadenersatzforderungen gegen die Organe des Unternehmens spielen.
Eine D&O-Versicherung schützt die Organe vor finanziellen Ansprüchen, die gegen sie persönlich erhoben werden und versucht diese Ansprüche abzuwehren und/oder bei berechtigten Ansprüchen zu befriedigen.
ACHTUNG: Es haftet nicht das Unternehmen, sondern der Geschäftsführer, Vorstand, Beirat oder leitende Angestellte mit seinem Privatvermögen!
Es gilt zu beachten, dass es sich bei den Ansprüchen immer um finanzielle Ansprüche gegen die jeweilige Person handelt, also deren Privatvermögen, und nicht um Ansprüche gegen das Unternehmen, für die die Person tätig ist.
Schadenbeispiele
1. Ein Gesellschafter nimmt den kfm. Geschäftsführer der GmbH in Anspruch, weil dieser falsche Investitionsentscheidungen getroffen hat und deshalb die Gewinnsituation des Unternehmen erheblich geschmälert wurde.
2. Ein Kapitalgeber nimmt den angestellten kaufmännischen Geschäftsführer in Anspruch, weil dieser einen Kredit zu schlechten Konditionen eingegangen ist und dadurch die Gewinnsituation des Unternehmens über Jahre leidet.
3. Ein Gläubiger nimmt den Gesellschafter-Geschäftsführer in die Haftung, weil der entstandene Feuerschaden nicht ausreichend versichert war und deshalb die Firma Insolvenz anmelden muss.
4. Der Beirat des Unternehmens sowie der kaufmännische Leiter und Mitgesellschafter werden von weiteren Gesellschaftern jeweils öpersönlich in die Haftung genommen, weil die Betriebsunterbrechung des Cyberschadens nicht versichert war und das Unternehmen erhebliche Umsatzeinbußen hatte.
5. Der Prokurist und der kaufmännische Leiter werden vom Kapitalgeber in die Haftung genommen, weil die Investition in sehr teure Maschinen wegen unzureichender Auslastung der Produktion erhebliche finanzielle Schäden verursacht.
6. Der Produktionsleiter wird vom Gesellschafter persönlich in die Haftung genommen, weil er die Produktion falsch plante und wegen Produktionsverzögerungen hohe Pönalen an den Auftraggeber zu zahlen sind.
7. Der Aufsichtsrat wird vom Insolvenzverwalter in die Haftung genommen, weil die Geschäftsführung mangelhaft war, die letztendlich zur Insolvenz führte. Der Aufsichtrat hat diese Geschäftsführung nicht unterbunden.
8. Das Finanzamt nimmt den Geschäftsführer wegen nicht abgeführter Umsatz- oder Lohnsteuern in Haftung.
9. Eine Familie eines Arbeitnehmers nimmt den Geschäftsführer persönlich in die Haftung, weil der Arbeitnehmer Brandverletzungen im Feuerschadenfall erlitt, da kein Feuerlöscher vorhanden war.
10. Der Gesellschafter nimmt den Geschäftsführer in die Haftung, weil er Waren mit Zahlungsziel von vier Wochen verkaufte, ohne die Bonität des Käufers vorher detailliert zu prüfen. Die Forderung fiel aus.
11. Vom Konto des Unternehmens werden durch Haker hohe Beträge erbeutet und der Geschäftsführer vom Gesellschafter in die Haftung genommen, weil die Mitarbeiter zum Thema Cyberschutz nicht ausreichend belehrt wurden.
12. Der Geschäftsführer unterlässt die Prüfung einer Rechnung und der Betrag wird an den Rechnungssteller überwiesen. Es stellt sich heraus, dass es kein Auftragnehmer war und das Geld verloren ist. Der Gesellschafter nimmt den Geschäftsführer in die Haftung.
Was ist zu beachten?
Neben den vielen Pflichten die von Geschäftsführern zu erfüllen sind, gilt vor allem § 43 Abs. 2 GmbHG, nämlich die Pflicht zur ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsausübung. Und es gilt § 426 BGB. Dort ist die gesamtschuldnerische Haftung geregelt.
Was heißt das konkret?
Nehmen wir oben bezeichnetes Schadenbeispiel 1: Ein Gesellschafter nimmt den kfm. Geschäftsführer der GmbH in Anspruch, weil dieser falsche Investitionsentscheidungen getroffen hat und deshalb die Gewinnsituation des Unternehmen erheblich geschmälert wurde. Gibt es in der GmbH mehrere Geschäftsführer, haften diese gesamtschuldnerisch für das Vergehen des kaufmännischen Geschäftsführers! Es gilt das Prinzip der Allzuständigkeit. Die Geschäftsführer müssen sich gegenseitig überwachen.
Was sollten Sie noch unbedingt wissen?
1. Es gilt die Beweislastumkehr!
Das Unternehmen kann sich auf die Behauptung einer Pflichtverletzung beschränken, aber das Organ (Geschäftsführer, Vorstand, Beirat, Aufsichtsrat) muss den Entlastungsbeweis führen!
Wie wollen Sie etwas beweisen, wenn Sie beurlaubt werden und keinen Zugriff mehr auf die Unterlagen und EDV haben?
2. Sorgfaltsmaßstab
Es wird ein sehr hoher Sorgfaltsmaßstab im Hinblick auf die Pflichtverletzung angelegt. Stichwort: Sachwalterstellung
3. Nur Vorsatz!?
Nein! Leichte Fahrlässigkeit reicht für die Begründung eines Vermögfensschadensanspruches völlig aus.
4. Pflichten?
Grundsätzlich stehen die Pflichten zur Wahrung der Interessen der Gesellschaft stets im Vordergrund.
5. Haftungsbefreiung?
Mangelnde Kenntnisse oder fehlende Eignung für ein Ressort führen nicht zu einer Haftungsbefreiung.
Wem gegenüber haften Sie?
Es muss nach Innen- und Außenhaftung unterschieden werden.
Innenhaftung
80% der Schadenfälle kommen aus den Unternehmen selbst durch Mehrheitsgesellschafter, Beiräte, Minderheitsgesellschafter, Gesellschafterversammlung und Insolvenzverwalter.
Hier aufgepasst: Besonders in jüngster Zeit nehmen Insolvenzverwalter immer öfter Geschäftsführer in die Haftung, um die Insolvenzmasse zu füllen. Grundsätzlich gilt, dass jede Insolvenz eine mangelnde Geschäftsführung zum Anlass hatte, sodass dem Insolvenzverwalter Tür und Tor für die persönliche Inanspruchnahme des Geschäftsführers geöffnet wird. Beachten Sie bitte, dass der Insolvenzverwalter persönlich haftet, wenn er den Geschäftsführer nicht in die Haftung nimmt. Und es gelten die oben beschriebenen Probleme, dass Sie praktisch keine Unterlagen zur Beweisführung zur Verfügung haben.
Außenhaftung
20% der Inanspruchnahmen kommen von außerhalb, so zum Beispiel vom Finanzamt (Steuerschulden der GmbH), Wettbewerbern, Banken, Gläubigern, Behörden, Arbeitnehmern, Kunden und Lieferanten.
Auch wenn zum Beispiel bei einer Inanspruchnahme durch einen Wettbewerber keine Zahlung nötig ist, benötigen Sie für solche Fälle die D&O-Versicherung für die Abwehr der Ansprüche als Rechtsschutzversicherung. Diese übernimmt dann alle damit verbundenen Rechtskosten.
Wer ist eigentlich versichert?
Mitglieder von Organen juristischer Personen innerhalb der Geschäftsführung und Aufsicht (AG, GmbH, OHG, KG, eG, Stiftung, Verein), z. Bsp. Vorstand, Geschäftsführer, Aufsichtsrat, Beirat, Prokurist, leitender Angestellter, Generalbeauftragter, Compliance-, Datenschutz-, Sicherheitsbeauftragter.
Ab wann gilt dieser Versicherungsschutz?
Beispiel: Firma XY schließt im Juli 2018 eine D&O-Versicherung ab. Bereits in 2015 wurde eine GmbH vom Geschäftsführer gekauft, die nur Verluste verursachte und letztendlich im Januar 2019 pleitegeht. Der Gesellschafter nimmt daraufhin den Geschäftsführer wegen Fehlinvestition in die Haftung. Solange der D&O-Vertrag besteht, stellt der D&O-Versicherer auch Versicherungsschutz zur Verfügung und es gilt die Rückwärtsdeckung für alle Ereignisse vor dem Vertragsschluss, die zukünftig zu einem Haftungsanspruch führen.
Soweit die Theorie. In der Praxis heißt es aufgepasst: Im größeren Schadenfall gibt es oft mit allen Versicherern, auch mit den D&O-Versicherern, Regulierungsprobleme. Deshalb empfehlen wir dringend eine Versicherungsvertragsrechtsschutzversicherung bei einem anderen Versicherer zu vereinbaren, um den Deckungsschutz zu erwirken und dem D&O-Versicherer zu zeigen, dass genügend Liquidität für das Deckungsklageverfahren zur Verfügung steht. Das wirkt Wunder! :)
Sie haben natürlich Recht, eine Versicherung für eine Versicherung?!? Aber wir leben im Kapitalismus. Manchmal sind die Aktionärsgewinne der Versicherer wichtiger als die Kundenbedürfnisse. Deshalb müssen wir ausgeschlafen und vorbereitet sein. ;-)
Warum ist für mein Unternehmen eine D&O-Versicherung sinnvoll?
Ob der D&O-Versicherungsschutz für Sie und Ihr Unternehmen notwendig ist, muss im Detail geprüft werden. Das hängt von zahlreichen Risikokriterien ab.
Allgemein ist zu sagen: Die Geschäftswelt ist komplexer, internationaler und hektischer geworden. Geschäftsführer stehen zeitlich unter Druck und müssen täglich eine Flut von Gesetzen und Vorschriften beachten und erfüllen, die wahrscheinlich nur humaniode Wesen irgendwann in der Zukunft erfüllen können.
Die Klagebereitschaft hat sich deutlich erhöht. Es werden also viel öfter Geschäftsführer, Vorstände, Bereite usw. persönlich von innen und außen mit dem Privatvermögen in die Haftung genommen.
Haftungserleichterungen sind nicht in Sicht - ganz im Gegenteil. Die Haftung in Deutschland ist weltweit eine der höchsten und es kommen fast täglich neue Vorschriften und Gesetze hinzu.
Die Risikolandschaft hat sich im globalen Umfeld deutlich erweitert, denn z. Bsp. Cyber, Datenschutz usw. waren vor Jahren unbekannt.
Es ist für die Geschäftsführer praktisch nicht zu gewährleisten, dass alle Haftungsgebiete und Verantwortlichkeiten vollständig ausgefüllt werden. Es handelt sich eher um Glück, wenn nichts passiert.
Somit bieten Geschäftsführer und leitende Angestellte ihren Gesellschaftern, Gläubigern und Dritten gute Haftungsgrundlagen.
Was sollte noch beachtet werden?
Diese Versicherung wird in der Regel vom Unternehmen für die Organe abgeschlossen - also quasi ein Selbstschutz des Unternehmens für "schlechte" Geschäftsführung. Im Anspruchsfall werden Geschäftsführer und leitende Angestellte meist freigestellt und im Insolvenzfall besteht kein Zutritt mehr zum Unternehmen. So muss beachtet werden, dass dem "Angeklagten" die Beweisgrundlagen entzogen werden und damit eine sehr schwierige Beweislast vorliegt. Die Versicherung hat in der Regel auch einen neuen Ansprechpartner (neuer Geschäftsführer, Beirat oder Insolvenzverwalter), sodass man keinen Einfluss mehr auf den D&O-Versicherer hat. Somit kann der ehemalige Geschäftsführer oder leitende Angestellte über die D&O-Versicherung nicht mehr auf eine Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter reagieren und steht ohne Rechtsschutz und Schadenersatzmöglichkeit da.
Oft kündigen Insolvenzverwalter die D&O-Versicherung, um Kosten zu sparen oder der D&O-Versicherer hat selbst mangels Beitragszahlung gekündigt.
Deshalb empfiehlt sich, dass Geschäftsführer und leitende Angestellte eine persönliche Deckung privat zeichnen, um in einem solchen Fall Versicherungsschutz genießen zu können.
Mehr zum Thema erfahren Sie unter folgendem Link: Branchen-Spezialversicherungen - Directors and Officers - D&O
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