Wenn der Versicherer den Versicherungsschutz versagt und Peanuts für Wohltaten verkauft werden...
In Deutschland ringen zahlreiche Betriebe ums Überleben. Gerade in den Branchen Gastronomie, Hotellerie und Lebensmittelherstellung wurden für "Seuchen" sogenannte Betriebsschließungsversicherungen abgeschlossen. Nun ist alles anders und die Versicherungsbranche hält sich (wie bei Großschäden zu oft) eher zurück.
Kennen Sie ein betroffenes Unternehmen, dann teilen Sie bitte diesen Beitrag.
Stand: 23. Februar 2021
Wie ist die Situation und wie schätzen wir die Entwicklungen ein?
Vorwort
Wir schreiben hier unsere Meinung über Verträge, "Naturgefahren" und beteiligte Unternehmen und wollen hinterfragen: Welche Möglichkeiten bieten die am Markt üblichen Versicherungsverträge den geschädigten Betrieben? Machte der DEHOGA-Deal Sinn?
Mancher Versicherer wird uns unsere Ausführungen übelnehmen. Deshalb weisen wir vorsorglich daraufhin, dass wir ausschließlich als Interessenvertreter und Sachwalter unserer Mandanten tätig sind.
Zu beachten ist, dass dies keine Rechtsberatung ist, sondern nur eine versicherungsfachliche Zusammenfassung der aktuellen Situation. Falls Sie einen kompetenten Fachanwalt benötigen, können Sie sich gern an uns wenden.
Für die nahe Zukunft werden wir diesen Artikel stets zu den wichtigen tehmenbezogenen Nachrichten aktualisieren. Also schauen Sie öfter rein.
Der Vertrag und die Einstellung vieler Versicherer
Jeder Vertrag ist nur so gut, wie er verhandelt wurde. Weil vorn auf dem Vertrag "Betriebsschließungsversicherung" draufsteht, heißt es noch lange nicht, dass auch alle Eventualitäten versichert sind. Sie kennen das hinreichend aus allen möglichen Bau-, Arbeits-, Leasing- und zahlreichen anderen Verträgen.
Verträge müssen sinnvoll und auf Ihren individuellen Bedarf zugeschnitten sein. Wenn Sie selbst einen solchen Vertrag nicht verhandeln wollen, weil das "Versicherungsfachchinesisch" Grenzen aufzeigt, sollten Sie einen fachkundigen Versicherungspartner an der Seite haben, der Ihre Interessen vertritt (nicht die des Versicherers).
Vergisst ein Vertragspartner wesentliche Ausschlüsse in seinem Vertrag, haftet er meist vollumfänglich!
Und sind wir ehrlich: Im Moment denken vor allem die Versicherer darüber nach, wie sie "das Haar in der Suppe finden", um nicht oder nicht vollumfänglich leisten zu müssen. Suchen Sie Ihre Vorteile!
Diverse Versicherer, w. z. B. die Mannheimer, hatten noch im März 2020 vollmundig auf ihren Webseiten erklärt, dass Versicherungsschutz für Corona Covid-19 besteht. Kurze Zeit später sah man dies anders...
Für die Versicherer zur Erinnerung:
Die Versicherungsbranche selbst und ihre Anteilseigner leben gut davon, dass Risiken an sie ausgelagert werden. Wenn das Vertrauen an diese Branchenaufgabe gerade in einer solchen Krise verloren geht, werden zuerst die kleineren Versicherer und dann die ganze Branche infrage gestellt, grundsätzlich aber die ohnehin schlechte Reputation weiter genährt.
Der Anfang von allem ist Vertrauen. Momentan untergraben viele Versicherer diese Geschäftsgrundlage!
Die Betriebsschließungsversicherung
Die Betriebsschließungsversicherung war eigentlich dafür gedacht, dass - z. B. bei einem Salmonellenbefall - der versicherte Betrieb von Seiten des Gesundheitsamtes kurzzeitig geschlossen wird, Desinfektionsmaßnahmen stattfinden und betroffene Waren entsorgt werden. Der Betrieb konnte schnell die Arbeit wieder aufnehmen und wurde entschädigt. Daher beinhalten viele Verträge nur Haftzeiten von 30 Tagen.
Eine Pandemie mit weltweiten Auswirkungen über viele Wochen oder wahrscheinlich Monate hatte bei diesem Versicherungsschutz eher niemand auf dem Radar. Es ging um Einzelfälle.
Ob Pandemien in Ihrem eigenen Vertrag überhaupt versichert sind, müssen Sie durch einen Fachspezialisten prüfen lassen. Oftmals fehlt der Ausschluss von Pandemie in den Versicherungsbedingungen. Somit wäre dies versichert.
Heute, Februar 2021, wissen wir, dass für die Versicherer die langjährige Geschichte der "Betriebsschließungsversicherung als Eierlegendewollmilchsau" ihr vorläufiges Ende gefunden hat. Über Jahrzehnte wurden hohe Beiträge kassiert und es mussten im Verhältnis wenige Schäden bezahlt werden. Heute wissen alle aus der Branche, dass das Ausmaß der aktuellen Krise manchen Versicherer finanziell in die Knie zwingen kann oder zumindest die Bilanzen und Erträge der Aktionäre verhagelt. Langjährig gingen Dividenden an die Aktionäre, mögliche Verluste landen wie immer beim Steuerzahler. Das lässt zumindest die Entwicklung der letzten Monate vermuten.
Die strittigen Versicherungsbedingungen
Viele Versicherer argumentieren heute, dass das Virus Covid-19 zum Zeitpunkt der Vertragsausfertigung noch unbekannt war und deshalb nicht vom Versicherungsschutz erfasst ist. Es wurde am 1. Februar 2020 durch die Verabschiedung einer Meldeverordnung in die Liste der zu meldenden Krankheiten gemäß §§ 6, 7 Infektionsschutzgesetz (IfSG) aufgenommen.
Die Aufzählung vieler Versicherer in den Versicherungsbedingungen wird nicht mit der Klarstellung eingeleitet, dass Versicherungsschutz ausschließlich für die in den Versicherungsbedingungen genannten Krankheiten erfolgt. Nein, vielfach wird auf die Festlegungen im Infektionsschutzgesetz abgestellt.
Oft beschreiben die Versicherer in den Vertragsbedingungen NICHT ausdrücklich, dass nur die im Vertrag benannten Krankheiten/Erreger versichert sind. In den Ausschlüssen zum Versicherungsschutz werden oft nur Schäden infolge Prionen-Erkrankungen (z. B. BSE) benannt.
Außerdem verweisen viele Versicherer im Vertrag NICHT darauf, dass zukünftige ins IfSG aufgenommene Erreger/Krankheiten einer gesonderten Deckungsbestätigung durch den Versicherer bedürfen. Somit sollte in diesen Fällen auch Versicherungsschutz bestehen.
Was sagt die Rechtsprechung dazu?
Für den Bundesgerichtshof (BGH) ist es mehr als eindeutig, dass nur die Sichtweise eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers maßgeblich ist. Diese Grundlage wurde bereits in unzähligen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes zur Auslegung von Versicherungsbedingungen. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse oder sonstiges Hintergrundwissen an. Der mit dem Bedingungswerk verfolgte Zweck und der Sinnzusammenhang der Klauseln sind zusätzlich zu berücksichtigen.
Klingt kompliziert, ist aber einfach: Sie müssen als Unternehmer außerhalb der Versicherungsbranche die Versicherungsbedingungen verstehen können. Ist dies nicht möglich, kann Ihnen das nicht angelastet werden.
Der verständige Versicherungsnehmer gelangt auf Basis der Versicherungsbedingungen oft zur Erkenntnis, dass die aus dem Infektionsschutzgesetz benannten Krankheiten lediglich klarstellenden Charakter haben sollen und generell für alle Krankheiten Versicherungsschutz besteht, die gemäß §§ 6, 7 Infektionsschutzgesetz meldepflichtig sind.
Ebenso kommt der durchschnittliche Versicherungsnehmer zur Erkenntnis, dass er für Erreger und Krankheiten nach dem IfSG eine Versicherung namens „Betriebsschließungsversicherung“ abgeschlossen hat. Allein der Name des Vertrages erklärt Sinn und Zweck "eindeutig".
Unklarheiten in den Versicherungsbedingungen – auch dies wissen die Versicherungsunternehmen genau – gehen zu Lasten des Versicherers.
Lassen Sie uns dazu auch auf § 242 BGB verweisen: Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Noch packender ist § 1a VVG. Dort heißt es: Der Versicherer muss bei seiner Vertriebstätigkeit gegenüber Versicherungsnehmern stets ehrlich, redlich und professionell in deren bestmöglichem Interesse handeln.
Uns stellt sich die Frage: Kann seitens der Versicherer redliches Verhalten Ihnen gegenüber unterstellt werden, wenn der Versicherer Sie an Bedingungen mit dem Verweis auf das veraltete Infektionsschutzgesetz binden wollte? Und wenn ja, müsste dies doch klar und deutlich in den Bedingungen geregelt sein. Solche Formulierungen finden wir am Markt nicht. Also sollte Versicherungsschutz bestehen.
Ist es redlich, wenn mancher Versicherer auf der Internetseite Versicherungsschutz für das Corona-Virus erklärte und sogar auf schriftliche Nachfrage dies nochmals bestätigt hat, nun aber nicht leisten will? Nein, dieses Verhalten steht aus unserer Sicht konträr zu Treu und Glauben, Ehrlichkeit und Redlichkeit.
Erste Urteile
Das Landgericht Mannheim hat in seinem Urteil vom 29.04.2020 (11 O 66/20) die Stellung des Versicherungsnehmers und dessen Ausspruch aus der Betriebsschließungsversicherung bestätigt, wenn der Betrieb wegen der Allgemeinverfügung geschlossen wird.
In den Versicherungsbedingungen heißt es oft dazu:
1. Der Versicherer leistet Entschädigung, wenn die zuständige Behörde auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (IfSG)
a) den versicherten Betrieb oder eine versicherte Betriebsstätte zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern beim Menschen schließt; Tätigkeitsverbote gegen sämtliche Betriebsangehörige eines Betriebes oder einer Betriebsstätte werden einer Betriebsschließung gleichgestellt;
(...)
2. Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind die in den ?? 6 und 7 IfSG namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger.
(...)
Das Landgericht dazu wörtlich:
"Die Auswirkungen dieser behördlichen Anordnung haben folglich Auswirkungen wie eine Schließung eines Hotels im konkreten Einzelfall zur Desinfektion oder zur Eindämmung eines Krankheitsausbruchs allein in diesem Hotel. Der Sinn und Zweck der Regelung, Betriebsunterbrechungen durch behördliche Maßnahmen aufgrund des IfSG abzufedern, spricht dafür, derartige faktische Schließungen unter diese Klausel zu subsumieren.
Die Fachkanzlei Michaelis war so freundlich, das Urteil unter diesem Link zur Verfügung zu stellen: Urteil 11 O 66/20 LG Mannheim
Also aufgepasst, wenn Ihr Versicherer die Leistung nicht anerkennen möchte.
Wichtiger Hinweis: Die Schadenunterlagen müssen Sie schlüssig aufbereiten, um den tatsächlichen Schaden lückenlos belegen zu können. Eine Exceltabelle reicht dafür nicht aus, sondern kann nur unterstützend wirken. Die Werte aus der Exceltabelle müssen durch entsprechende Geschäftsunterlagen (Bilanzen, BWAs, Kassenabrechnungen usw.) unterlegt werden.
Es gilt natürlich zu beachten, dass dieses Urteil "nur" ein Landgerichtsurteil ist und der Versicherer zumindest die zweite Instanz ins Spiel bringen sollte.
Zweites, drittes...Urteil
Das OLG Hamm hat sich im Eilverfahren auf die Seite des Versicherers geschlagen und nicht die Ansicht des LG Mannheim übernommen.
Gleichzeitig gab es im LG München zahlreiche weitere Urteile, welche die Position der Versicherungsnehmer stärken.
Es läuft im Moment wie beim Hornberger Schießen und alle Kommentare dazu sind reine Spekulation.
Der BGH und vielleicht der EuGH müssen Recht sprechen. Das wird noch eine Weile dauern, aber die Zeichen stehen gut, dass keine Jahre vergehen, sondern in Anbetracht der Notwendigkeit schneller als üblich eine Klärung erfolgt. Wir sind gespannt...
Wir haben aktuell oft die Situation, dass die Landgerichte für die Versicherungsnehmer entscheiden, die Oberlandergerichte für die Versicherer. Erst BGH und/oder EuGH werden dazu Licht ins Dunkel bringen.
Das Problem der Teilschließung
Ein wichtiger Aspekt in diesem Münchner Verfahren war die Klärung, ob eine Teilschließung des Unternehmens auch der in den üblichen Versicherungsbedingungen bezeichneten "Schließung des Unternehmens" entspricht. Auch wenn dies nur eine erste "gerichtliche Meinung" ist, sollte nicht unbeachtet bleiben, dass das Gericht geringfügige Umsätze während der Schließung als unbedenklich sah.
Aus der Begründung kann man aber auch lesen, dass höhere weiterlaufende Umsätze keine Betriebsschließung im Sinne der Versicherungsbedingung darstellen.
Diesen Ausführungen sollten vor allem Lebensmittelhersteller mit eigenen Filialen (Bäckerei, Metzger usw.) beachten. Oftmals wurden bei Bäckern die Cafès und bei Metzgern die Imbissgastronomie geschlossen. Gleichzeitig lief aber die Lebensmittelproduktion weiter, da die Filialen, Großhandel usw. weiter Waren abnahmen und verkauften. Somit lagen die Umsätze i.d.R. weiterhin über 50 Prozent der Vorumsätze.
Eine Betriebsschließung im Sinne der Versicherungsbedingungen erkennen wir hier nicht. Aus unserer Sicht müssen solche Fälle gerichtlich geklärt werden, um eine klare Definition der Betriebsschließung vs. Teilschließung zu erhalten.
Lebensmittelhersteller sollten ein Verfahren im Voraus genau durch eine Fachkanzlei prüfen lassen.
Schließung des Betriebes ohne konkreten Erkrankungsfall
Manche Versicherer stellen auf die Formulierung ab, dass der von der Schließung betroffene Betriebe aufgrund einer Präventivmaßnahme wegen Allgemeinverfügungen von Seiten des Staates ohne konkreten Erkrankungsfall unter den Mitarbeitern geschlossen wurde.
Diese Versicherer vertreten somit den Standpunkt, dass dies bedingungsgemäß nicht unter den Versicherungsschutz fällt. Nur die Schließung durch ein Schadenereignis im Betrieb wäre versichert.
Mittlerweile kam es zu behördlichen Schließungen aufgrund von Landesverordnungen, die explizit auf § 32 Infektionsschutzgesetz verweisen. Durch die Landesverordnungen werden die Betriebsschließungen bzw. Tätigkeitsverbote im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes angeordnet und der Versicherungsfall wird aus unserer Sicht dadurch ausgelöst.
Wie beschrieben wurde am 1. Februar 2020 das Corona-Virus (2019-nCoV) in den Katalog der meldepflichtigen Krankheiten aufgenommen und somit kann der Versicherungsfall durch Corona-bedingte Betriebsschließungen ausgelöst werden.
Der Versicherungsfall ist aus unserer Sicht damit generell ausgelöst. Dies bilden auch die meisten Versicherungsbedingungen im „Gegenstand der Versicherung“ ab.
Der "DEHOGA-DEAL"
Der Bayerischer Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Bayern e.V. hat in der KW 15/2020 im Gespräch mit Vertretern der Versicherungswirtschaft einen gemeinsamen Lösungsvorschlag verhandelt. Die DEHOGA präsentierte dabei den Durchschnittswert von 70 Prozent, der einem Unternehmen durch sämtliche Unterstützungsmaßnahmen, wie Soforthilfe von Bund und Land und Kurzarbeitergeld, aktuell zufließen würde. Daraus leitete die DEHOGA einen wirtschaftlichen Schaden von durchschnittlich 30 Prozent ab, den ein Gastronom/Hotelier derzeit erleidet.
Diese Zahlen hinken aus unserer Sicht, weil Kredite keine wirklichen Zuwendungen sind. Kurzarbeitergeld wird vor allem gezahlt, um keine Massenarbeitslosigkeit zu provozieren. Der Staat hilft sich also auch selbst damit.
Im Gegensatz dazu ist die Schadenersatzleistung des Versicherers eine echte Einnahme.
Und wir bitten zu beachten, dass es Hinweise gab (Stand 14.04.2020), dass der Staat nur dann Kurzarbeitergeld leistet, wenn keine Betriebsschließungsversicherung besteht. Das Bayerische Wirtschaftsministerium hat sich (Stand 17.04.2020) mit der Bundesagentur für Arbeit geeinigt, dass die Kurzarbeiterleistung voll ausgezahlt wird. Ob diese Lösung auch für Fälle außerhalb des "DEHOGA-DEALS" gilt, ist nicht bekannt.
Der Lösungsvorschlag sieht vor, dass die Versicherer ca. 10 bis 15 Prozent der bei Betriebsschließungen jeweils vereinbarten Tagessätze übernehmen und an die Gaststätten und Hotels auszahlen. Unterschrieben wurde dieser Vorschlag bereits durch die Allianz, die Haftpflichtkasse und die Versicherungskammer Bayern. Gothaer, Signal Iduna, Zurich und Nürnberger schlossen sich dem Vorschlag bereits an (auch als bundesweite Lösung). Weitere Versicherer signalisierten noch zu folgen. Und das Abkommen wird mittlerweile landesweit propagiert - nicht ohne Grund für die Versicherer.
Die Marketingabteilung der Allianz schrieb sogleich in fetten Lettern "Hilfe für die Betriebsschließung" und stellte sich als Retter in der Not dar. Aber ist dem so?
Warum zahlen die Versicherer nichts zumindest die Differenz zwischen 70 und 100, also zumindest 30 Prozent der vertraglichen Leistungen? Sie sparen noch immer 70 Prozent, wenn man großzügig unterstellt, dass die Leistungen des Staates vollwertige Zuwendungen sind.
Was sagen Sie? Sind 15 Prozent von 100 gut oder schlecht? Ist sowas redlich und ehrlich?
Auch bleibt unberücksichtigt, dass vernünftige Versicherungsverträge nicht nur Haftzeiten von 30, sondern von 42 bis 90 Tagen abbilden.
Das Ausmaß der Schließungen - auch zukünftig notwendige Schließungen, z. B. in einer zweiten oder dritten Infektionswelle - bleiben unberücksichtigt.
Es kommt sicherlich auf die jeweilige Unternehmenssituation des Gastronomen/Hoteliers an (Liquidität, Versicherungsbedingungen, Rechtsschutz usw.). Aus unserer Sicht ist für die Versicherer jede Kundenunterschrift unter diesem Vergleichsangebot ein Gewinn und Rechtssicherheit.
An dieser Stelle muss gesagt werden: Uns sind Versicherer lieber, die aktiv handeln und Lösungen anbieten - auch wenn diese DEHOGA-Variante keine gute Lösung für Versicherungskunden ist. Im Gegensatz dazu sitzen noch immer viele Versichererbosse in ihren Vorstandskämmerchen und spielen die Geschichte der drei indischen Affen (nichts hören, nichts sehen, nichts sagen).
So ein Verhalten ist gerade in dieser Notsituation übel und spielt mit Existenzen, Familien und zeigt unverantwortliches Verhalten gegenüber unserem Land. Wir werden dies zukünftig berücksichtigen.
Dennoch erachten wir den DEHOGA-Kompromiss als faul - nicht nur wegen der niedrigen Entschädigung. Der Versicherungsbranche ist sicherlich klar, dass die Ausgangsvoraussetzungen für einen erfolgreichen Gerichtsprozess eher "dünn" sind. Bei vielen Verträgen sind die Bedingungen mehr eindeutig als zweideutig und die beschriebene Haltung der Gerichte spricht aus unserer Sicht für die Kunden. Aber vor Gericht und auf hoher See...
Der Lösungsvorschlag der DEHOGA bleibt, was er ist: ein Vorschlag. Jedem Betrieb steht es frei, ob er diesen annehmen möchte oder ob er ggf. den Rechtsweg beschreitet.
Aber Vorsicht: Nimmt man den Vorschlag an, handelt es sich dabei um einen Vergleich, der weitere, spätere Rechtsansprüche ausschließt.
Wahrscheinlich würde es zu jahrelangen Prozessen mit Urteilen kommen, die nur Einzelwirkung besitzen. Ob die betroffenen Betriebe die gerichtliche Auseinandersetzung finanzieren können und überleben, darf vielerorts bezweifelt werden.
Sicherlich wäre ein Umdenken der Versicherer schneller auf dem Tisch, wenn viele versicherte Kunden "rebellieren". Auch ein Ozean besteht aus vielen kleinen Wassertropfen.
Dieser "DEHOGA-Kompromiss" kann nur ein erstes Zeichen sein und mag für Betriebe passen, die keine Liquidität für gerichtliche Auseinandersetzungen, keine Zeit oder sehr schlechten Versicherungsschutz vereinbart haben. Auf diesen Grundlagen baut der Vergleich auf.
Mit Stand 23. April 2020 wagt endlich ein Bochumer Gastronom die Klage gegen die Allianz. Auch wenn dieser Prozess etwas andauern könnte, medienwirksam wird er wahrscheinlich sein. Wir sind auf dessen Ausgang gespannt und auf die Folgewirkungen für Gastronomen und Versicherer.
Interessant erscheint uns die Stellungnahme vom früheren vorsitzenden Richter des Münchener Oberlandesferichtes Walter Seitz. Das Magazin Spiegel zitiert in einem aktuellen Bericht (Stand 28.04.2020) ein Gutachten von Herrn Seitz. Demnach kommt der Jurist zu dem Schluss, "dass der Anspruch auf Zahlung der Versicherungssumme bei Betriebsschließungsversicherungen wegen der Untersagung der Öffnung von Gaststätten grundsätzlich uneingeschränkt besteht".
Mittlerweile scheint der DEHOGA-DEAL zu wackeln, denn immer mehr Betriebe planen eine Klage gegen ihren jeweiligen Versicherer.
Zudem hat sich mittlerweile die internationale Versicherungsaufsicht IAIS eingemischt und warnt die Versicherer vor "kulanten Leistungen" in der Betriebsschließungsversicherung, da diese die Branche schädigen. In der aktuellen Pressemitteilung (Stand 12.05.2020) heißt es, dass eine effiziente Schadensabwicklung und klare Kommunikation mit den Versicherungsnehmern das Vertrauen in den Versicherungssektor stärken und einen Beitrag zur wirtschaftlichen Erholung leisten. Vielleicht versteht nun der eine oder andere Versicherervorstand, welchen kollektiven Schaden die Branche gerade anrichtet.
Fünf Tipps:
1. Tipp - Schadenmeldung an Behörden:
In den meisten Versicherungsbedingungen ist geregelt, dass Sie den Schaden bei den staatlichen Stellen anzeigen müssen, um mögliche staatliche Schadenerstattungen nicht zu verwirken. Die staatlichen Zahlungen gehen vor. Zeigen Sie dies nicht an, kommen Sie ggf. Ihrer Schadenminderungspflicht nicht nach und verstoßen gegen Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag. Es wäre möglich, dass Ihr Versicherer auf Zeit spielt, um die Ablehnung des Schadens erst mitzuteilen, wenn die Fristen zur Anmeldung der Betriebsschließung beim Gesundheitsamt und Landesgesundheitsministerium verstrichen sind. Sollten Sie den Betriebsschließungsschaden noch nicht bei diesen Behörden angezeigt haben, holen Sie dies umgehend nach, weil man in der Regel nach Schadeneintritt nur 90 Tage Zeit hat. Sie müssen dort Schadenersatz-/Unterstützungsansprüche stellen. Ein mögliches Musteranschreiben finden Sie unter folgendem Link: Musteranschreiben
2. Tipp - Rechtskosten:
Viele Unternehmen mit geringer Liquidität wollen den wichtigen Firmenrechtsschutz mit Versicherungsvertragsrechtsschutz aus Kostengründen nicht absichern, obwohl dieser gerade bei größeren Leistungsansprüchen gegen Versicherer elementar wichtig ist. Denken Sie zukünftig bitte daran!
Mittlerweile bieten qualifizierte Fachanwälte für Versicherungsrecht die Prüfung des Versicherungsfalls und die Prozesskostenfinanzierung über Prozessfinanzierer an. Achten Sie bitte darauf, dass die Zusage des Prozesskostenfinanzierers für den Gesamtprozess (möglichst alle Instanzen) gilt und nicht unter- bzw. abgebrochen werden kann.
3. Tipp - Anwaltswahl:
Sollten Sie den Klageweg beschreiten, empfehlen wir Ihnen dringend einen spezialisierten Fachanwalt für Versicherungsrecht mit der nötigen Prozesserfahrung auszuwählen. Sie haben es bei den Versicherern mit "Goliath" zu tun. Die Anwälte der Versicherer sind fit in diesem Recht.
Viele Kanzleien wittern das große Geschäft und werben nun mit der Vertretung zur Betriebsschließungsversicherung, obwohl die Erfahrung im Kampf mit den Versicherern fehlt. Seien Sie wachsam. Sie brauchen unbedingt einen Spezialisten mit Erfahrung!
4. Tipp - Vermittlerhaftung:
Wie eingangs beschrieben, muss ein Versicherer die Versicherungsbedingungen so aufbereiten, dass ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer diese verstehen kann. Aber wahrscheinlich haben Sie diese Versicherung nicht beim Versicherer direkt gekauft, sondern über einen Verkäufer/Vermittler.
Diese "Berater" sind verpflichtet, Sie entsprechend aufzuklären und den Versicherungsschutz verständlich zu erläutern. Der Versicherungsschutz und der Versicherer müssen an die Risikosituation Ihres Unternehmens angepasst sein. Regelmäßig müssen diese Berater Ihnen bei der Schadenabwicklung (Meldung, Unterlagen, Fristen usw.) zur Verfügung stehen und Sie eingehend beraten.
Leider sind mehr Produktverkäufer ohne Fachkenntnisse unterwegs als Fachspezialisten. Es wird in den meisten Fällen nur der Standard nach den Grundvorgaben der Versicherer verkauft. Knowhow, Individualität und Risikomanagement sind leider zumeist Fehlanzeige auf diesem Verkäufermarkt. Die Schadenbearbeitung überlassen die meisten Vermittler den Kunden...
Hier liegt Ihre zweite Chance. Wenn Ihr Versicherungsvertrag nicht hält, was Ihnen versprochen wurde, wenn der Versicherer nicht die nötige Kapitaldecke besitzt oder wenn die Schadenregulierung wegen versäumter Fristen, unterlassener Schadenminderungspflichten oder unzureichender Unterlagen scheitert, prüfen Sie die Haftung Ihres Versicherungsvermittlers!
5. Tipp - Anzeige der Gefahrerhöhung:
Bitte beachten Sie, dass eine Betriebsstilllegung (auch wg. Corona) eine gegenüber dem Versicherer anzeigepflichtige Gefahrerhöhung darstellt. Dabei geht es nicht nur um die Betriebsschließungsversicherung, sondern z. B. auch um die Gebäude-, Geschäftsinhalts- und technischen Versicherungen. Nach den Vertragsobliegenheiten müssen Sie Risikoerhöhungen anzeigen. Ein unterbrochener Betrieb stellt für den Versicherer ggf. ein deutlich erhöhtes Risiko dar (z. B. Brandüberwachung, Einbruch, Leitungswasserschäden usw.).
Zeigen Sie die Stilllegung nicht an und es kommt z.B. zu einem Einbruch mit Vandalismus oder zu einem Brand, kann der Versicherer den Schadenersatz teilweise oder ganz verweigern.
Informieren Sie Ihren Versicherer!
Was können wir für Sie tun?
Wir hoffen, wir konnten diese scheinbar komplizierte Materie, für Sie transparenter machen.
Unser Fachgebiet ist es seit 30 Jahren, maßgeschneiderten und preisgünstigen Versicherungsschutz für mittelständische Unternehmen zu schaffen. Die am Markt verkauften Standardverträge sind regelmäßig ungeeignet, wie das derzeitige Szenario der Betriebsschließungsversicherungen zeigt.
Wenn Sie Fragen haben, unsere Fachspezialisten beraten Sie gern, wie Sie Ihren Versicherungsschutz kostenneutral aufwerten können.
Sie erreichen uns 24 Stunden an 365 Tagen über unseren Chat, unser Kontaktformular (Gern rufen wir Sie zurück.) oder telefonisch unter: +49-371-40399-50.
Man kann mit den Versicherern reden und maßgeschneiderte Lösungen gestalten. Voraussetzung dafür sind die fachliche Verhandlung auf Augenhöhe und das Interesse der Vermittler, denn dies macht viel Arbeit.
Lassen Sie Ihre Versicherungsverträge durch uns kostenfrei prüfen. Dies ist für Sie völlig unverbindlich und Sie können nur gewinnen!
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Text/Bearbeitung: Eyk Markstein/Vivian Leiteritz
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